Feuer und Flamme
Au feu à droite
Die Fahrt verlief ruhig und fröhlich, bis etwa eine Stunde vor Ankunft erste besorgte Anrufe der französischen Lehrerin Madame Böhm eintrafen, die uns eindringlich davor warnte, durch das Stadtzentrum zu fahren. Das Navi wurde konsultiert, die Route ausgearbeitet und einstudiert, aber dann wurde doch diese eine falsche Abzweigung genommen, die uns direkt ins Stadtzentrum führte, was unschwer an Rauchschwaden und Blaulicht zu erkennen war. Dann erhellte ein Straßenfeuer uns den Weg. Zurücksetzen, in die nächste Straße abbiegen, auf das nächste Straßenfeuer zu. Der Rückwärtsgang und die beherzte Manövrierhilfe Herrn Schreibers retteten uns irgendwie aus dem Labyrinth von zu engen Straßen und zu tiefen Brücken heraus, bis wir glücklich am Parkplatz ankamen, wo die Gastfamilien uns erleichtert in Empfang nahmen und der Busfahrer fast in Tränen ausbrach. Zwischenzeitlich hatte die französische Kollegin für alle SchülerInnen eine Bleibe gefunden, denn auch die InternatsmitarbeiterInnen waren im Streik und die SchülerInnen, die eigentlich im Internat untergebracht werden sollten, mussten nun für eine Nacht auf die Gastfamilien aufgeteilt werden. Nachdem alle untergebracht waren, auch für den Bus ein sicherer Ort gefunden und der Busfahrer von Madame Richard getröstet und ins Hotel eskortiert wurde, konnten alle sicher und ruhig schlafen.
Bildhauerische Genauigkeit
Die Mühen haben sich gelohnt, denn uns erwartete eine volle Woche mit interessantem Programm. Bei dem Besuch der französischen SchülerInnen in Koblenz im Dezember hatten wir uns mit dem Thema „Rhein“ beschäftigt, jetzt ging es um das Wasser allgemein. Im Rahmen einer Stadtführung in Grenoble schauten wir uns unter anderem einige Brunnen ein, bei denen der Stadtführer uns eifrig auf die sehr naturalistische Ausarbeitung anatomischer Details eines Löwen hinwies (wer Genaueres wissen will, muss nächstes Jahr mitfahren). Uns wurden aber auch beeindruckende Ausgrabungen gezeigt und wir erfuhren einiges zur Stadtgeschichte.
Gleis 9 3/4
In einem Projekt stellten die SchülerInnen in binationalen Gruppen Geräuschmontagen zum Thema „Wasser“ her. Am Montag sank die Stimmung kurzzeitig, denn statt mit dem Zug nach Annecy zu fahren, verbrachten wir Zeit in einem zugigen Bahnhof bis zur Schalteröffnung, wo wir erfuhren, dass die Anzeige nicht lügt, sondern der Zug nach Annecy tatsächlich nicht fährt und der nächste erst in zwei Stunden, also zu spät für uns. Ob es diesen Zug nie gab, er vielleicht nur vom Gleis 9 3/4 abfährt oder er wegen Streiks gecancelt wurde und warum man uns trotzdem ein Ticket für diesen Zug verkauft hat, könnte man sicher von netten Hotlinemitarbeitern der SNCF erfahren, mit denen man schon länger nicht mehr telefoniert hat. Wir machten das Beste daraus und verbrachten einen interessanten Vormittag im „Musée der la Résistance“, um anschließend noch mehr Details von Grenoble zu entdecken als nur die an einem Löwen. Und das Thema Wasser begleitete uns immerhin von oben.
Wasserzeichen
Für die Highlights der Woche stellten sich dann aber Sonne und Frühling ein: Am Dienstag besichtigten wir in beeindruckender Alpenkulisse die Höhle von Choranches und erfuhren in einer geologischen Führung einiges über den Wirkung des Wassers im Gestein. Anschließend fuhren wir zu dem Bergdorf Pont-en-Royans und bewunderten in der Mittagspause die in die Felsen gebauten hängenden Häuser. Danach bekamen wir noch eine unterhaltsame Wasserverkostung im „Musée de l’Eau“, wo wir das Wasser probieren durften, das die Queen zur Teezubereitung nutzte, und die Karaffen des teuersten Wassers der Welt bewunderten (über 300 € die Flasche!). Außerdem erfuhren wir alles über die geheime Bedeutung der Zahlen auf Plastikflaschen und raten euch: Nehmt euch in Acht vor der 1 und der 7! Und überhaupt: Trinkt Kranenwasser! Am Abend mussten dann nur fix einige Belegungen im Internat umsortiert werden, da -wer hätte das gedacht- das Internat zum Teil bestreikt wurde.
Wasser im Auge
Am nächsten Tag ging die Projektarbeit weiter und nachmittags fuhren wir mit der Seilbahn hoch zur Bastille, von wo man einen tollen Blick über die Isère und den Drac zu den Alpen hat. Nachmittags wurden Mitbringsel in Grenoble gekauft, bevor es abends zum Bowlen ging.
Am Abschiedstag warfen wir noch einen routinierten Blick auf die Barrikaden vor dem Schuleingang, verabschiedeten uns schweren Herzens von unseren französischen Freundinnen und Freunden und fuhren mit vielen Eindrücken nach Hause nach Koblenz und vielleicht auch mit ein paar wehmütigen Tränen. Und wer von uns es ist nicht schon war, ist es jetzt hoffentlich: Feuer und Flamme für Frankreich!
D. Lescher
Die gesamte Gruppe beim Besuch des Nikolaus in Koblenz.
Die Koblenzer Gruppe nimmt das vergebliche Warten auf den Zug in Grenoble mit Humor.